Zum Tod von Fechttrainer Alfred Riedl

Es war ein großer Schock, als ich erfuhr, dass mein alter Fechttrainer nach einer Herzoperation gestorben ist. Das letzte Mal sah ich ihn, als er seine lange Karriere als Fechttrainer beendete. Ich war einer der wenigen glücklichen, die sich von ihm verabschieden konnten, als er den Fechtverein Ottobrunn für immer verließ. Als er gerade die Türschwelle überschreiten wollte, rief ich ihn noch einmal. Ich wollte etwas sagen. Ihm sagen, dass er mir fehlen würde, dass der Verein ohne ihn nie wieder derselbe wäre… ich fasste all dies in einem Satz zusammen: „Es war schön, dich als Trainer zu haben.“ Er sah mich an und schenkte mir ein letztes Mal ein warmes Lächeln, bevor er antwortete. Seine Antwort war schon damals herzzerreißend, aber jetzt, im Rückblick, schmerzt sie noch mehr: „In all meinen Jahren als Trainer habe ich das wenigstens einmal zu hören bekommen.“ Der letzte Satz, den er jemals von einem seiner Schüler hörte. „Es war schön, dich als Trainer zu haben.“ Ich hoffe bis heute, dass ich das richtige gesagt habe. Dass ich ihm die tröstenden Worte geschenkt habe die er brauchte. Ich hoffe es. In den Monaten danach war eine ordentliche Abschlussfeier geplant, wenn der Verein wieder mehr Mitglieder hätte. Doch Fred starb, bevor diese Pläne verwirklicht werden konnten. Jegliche Hoffnung, die ich noch gehabt hatte, ihn noch ein weiteres Mal zu sehen, war hiermit verschwunden. Wenn man ihn kennenlernte, schloss man ihn schnell ins Herz. Er schenkte einem sofort ein freundliches Lächeln und aufmunternde Worte. Schnell zeigte sich auch sein schräger Sinn für Humor, sein strenges Verhalten beim Training und seine Gabe, stundenlang auf uns einzureden. All diese Dinge mochten wir alle sehr an ihm, auch wenn das Training manchmal wirklich hart wurde. Er war ein beleibter, gut gelaunter Bayer, immer mit seiner Cappy auf, mit einer ansteckenden guten Laune und immer einer interessanten Geschichte auf Lager, manchmal etwas furchteinflößend, immer fesselnd. Nichts spornte uns so sehr dazu an, niemals auch nur eine der vielen Schichten der Fechtausrüstung zu vernachlässigen als eine Geschichte, wie jemand bei einem Unfall erstochen worden war, weil er einige Schichten weggelassen hatte. Er gab den Verein nie auf, in guten und in schlechten Zeiten. Selbst als der Verein mal am Ende zu sein schien, verließ er ihn nie. Er war unerbittlich mit seiner Meinung und ließ sich nicht verbiegen, erinnern sich Freunde von mir, dies war eine große Stärke, aber manchmal auch eine Schwäche. Meine Freunde beschreiben seine einzigartige Ausstrahlung, wie ich es nie vermocht hätte: Wärme, Geborgenheit, Wohlfühlsein, Sicherheit und mehr, alles in einem. Er war in der Tat mehr Freund als Trainer. Wenn er uns ansah hatte er immer diesen verschwörerischen Blick, als würden wir ein Geheimnis mit ihm teilen. Gleichzeitig beschützte er uns wie seine Kinder, und seine Lektionen betrafen viel mehr als nur das Fechten. Er lehrte uns zu leben, mit derselben Leidenschaft, mit der er uns das Fechten beibrachte. Wir werden Fred immer als denjenigen in Erinnerung behalten, der 40 Jahre lang zusammen mit seiner Frau Helga den Verein am Leben erhielt, und dessen Mitwirken dazu beitrug, dass der Verein auch nach seinem Tod weiterlebt. Trotzdem werden wir nie vergessen, was er für uns getan hat, sowohl als Verein als auch individuell. Obwohl er nicht mehr da ist, ist er immer noch ein wesentlicher Teil des Vereins, denn er machte ihn zu dem was er ist. Er machte uns als Fechter zu dem was wir sind. Sein Tod hat jeden einzelnen von uns tief getroffen. Ich hoffe, dass man sich an ihn erinnert, so wie wir es tun. Der Trainer, der ein Freund war.
(Luis Domingos)

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